Die BAfF hat den aktuellen Versorgungsbericht zur psychosozialen Versorgung von Flüchtlingen und Folteropfern in Deutschland veröffentlicht. Die Ergebnisse des Berichts verweisen auf einen hohen ungedeckten Bedarf bei Psychotherapie und psychosozialer Unterstützung. Traumatisierte Geflüchtete müssen durchschnittlich 7 Monate warten, bis sie eine Psychotherapie beginnen können. Bei fast 30 % der Zentren warten Klient*innen sogar zwischen 9 Monaten und eineinhalb Jahren, bis sie mit einer Psychotherapie beginnen können. Die durchschnittlichen Wartezeiten im PSZ sind damit deutlich höher als bei Patient*innen in der Regelversorgung.
Die Kapazitäten der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (PSZ) liegen nach wie vor weit unter dem Bedarf, der an sie herangetragen wird. Insgesamt versorgen 40 Psychosoziale Zentren über 22.700 Klient*innen aus 76 verschiedenen Herkunftsländern mit einem breit gefächerten Leistungsspektrum.
Finanziert wird diese Versorgung durch zeitlich begrenzte Projekt-, Stiftungs- und Spendengelder. Die Kostenträger – das Sozialamt oder die Krankenkassen – steuern jährlich nur 5,1 % zum Budget der Psychosozialen Zentren bei. Die Ablehnungsquoten für Therapieanträge bei den Sozialbehörden sind mit über 40 % unverhältnismäßig hoch. Bei der Anbindung im Gesundheitssystem mangelt es vor allem an Offenheit und Sprachmittlung. Die Vermittlungen an Psychotherapeut*innen in der Regelversorgung sind drastisch eingebrochen und lagen über 25 % unter denen des Vorjahres.
„Wir sehen auch in den Psychosozialen Zentren, dass die Bedarfe immer komplexer werden. Die Unsicherheiten im Asylverfahren destabilisieren Klient*innen immer wieder. Es muss mit zahlreichen anderen Beratungsstellen und Rechtsanwält*innen zusammengearbeitet und oft immer wieder von vorn angefangen werden. In unserem gesundheitlichen Versorgungssystem gibt es jede Menge Schnittstellen und Barrieren für Geflüchtete, die zu hohen strukturellen Hürden führen.“
berichtet Elise Bittenbinder, Vorstandsvorsitzende der BAfF.
Es schaffen aber auch nicht alle Menschen, die bei den PSZ um Unterstützung anfragen, auf die Wartelisten oder können weitervermittelt werden. Bundesweit mussten über 7.600 Personen aufgrund mangelnder Kapazitäten abgelehnt werden. Sie wurden weder in ein anderes Angebot außerhalb des Zentrums vermittelt, noch auf die Warteliste gesetzt.
Die hohe Nachfrage nach Behandlung und Beratung in den PSZ macht überdeutlich, wie wichtig der multiprofessionelle Ansatz der Zentren für Geflüchtete ist, die nach Folter und schweren Gewalterfahrungen Unterstützung suchen.
„Die Psychosozialen Zentren sind mit ihren Komplexleistungen und dem Angebot an Psychotherapie und psychosozialer Unterstützung einzigartig in der Versorgungslandschaft. Die Arbeit der PSZ muss dringend flächendeckend und nachhaltig staatlich gefördert werden, um traumatisierten Geflüchteten eine bedarfsgerechte Unterstützung bieten zu können.“
Elise Bittenbinder, BAfF e.V.
Eine Öffnung des Gesundheitssystems für psychisch belastete Geflüchtete ist nur möglich, wenn Schutzsuchende bundesweit ungeachtet ihrer Herkunft, ihres Aufenthaltsstatus und ihrer Muttersprache einen diskriminierungsfreien Zugang zu den Leistungen erhalten, die auch gesetzlich Krankenversicherten in Deutschland zustehen – und keine Diskriminierung aufgrund von Sprache, Herkunft oder Aufenthaltsstatus stattfindet.
Die Zahlen zur psychosozialen Versorgung von Flüchtlingen und Folteropfern in Deutschland wurden von der BAfF in einer 6. aktualisierten Auflage des Versorgungsberichts herausgegeben. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse des 144-seitigen ausführlichen Berichts finden sich in einem 8-seitigen Factsheet.