
Allen zivilgesellschaftlichen Widerständen zum Trotz hatte der Bundestag Anfang Juni das sogenannte „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ in Kombination mit weiteren Gesetzen verabschiedet, welche im Anschluss durch den Bundesrat gebilligt wurde. Nun wurden am gestrigen Dienstag zwei weitreichende Gesetze des Migrationspakets im Bundesgesetzblatt veröffentlicht:
Das „Zweite Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“ tritt am Tag nach der Verkündung und damit heutigen Mittwoch, den 21. August 2019 in Kraft. Es ermöglicht u.a. die vereinfachte Inhaftierung von Geflüchteten sowie das Betreten von Wohnungen ohne richterlichen Beschluss zum Zweck der Abschiebung. Auch führt es die Kategorie der „Duldung für Personen mit ungeklärter Identität“ ein, die mit einem Erwerbsverbot sowie einer Wohnsitzauflage einhergeht.Besonders relevant für die psychosoziale Praxis sind die Verschärfung der Anforderungen an ärztliche Gutachten und Stellungnahmen zur Geltendmachung zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote sowie die Änderungen des Asylbewerberleistungsgesetzes. So wird nun explizit festgeschrieben, was aufseiten des BAMFs bereits gängige Praxis war: Atteste und Stellungnahmen zur Glaubhaftmachung krankheitsbedingter Abschiebungsverbote (§ 60 Abs. 7 AufenthG) unterliegen künftig denselben Anforderungen wie Atteste, mit denen inlandsbezogene Abschiebungshindernisse aus gesundheitlichen Gründen (§ 60a Abs. 2c AufenthG) geltend gemacht werden. Eine ausführliche Übersicht hierzu findet sich hier: Aenderung_Anforderungen_Stellungnahmen_Geordnete_Rueckkehr
Im AsylbLG wird der Zeitraum, in welchem Geflüchtete einen nur eingeschränkten Anspruch auf Gesundheitsversorgung haben, von 15 auf 18 Monate ausgeweitet (§ 2 Abs. 1 AsylbLG). Ferner werden Geflüchtete, die bereits in einem anderen Mitgliedsstaat der EU Schutz erhalten haben und ausreisepflichtig sind, vollständig von den Leistungen nach dem AsylbLG ausgeschlossen. Außerdem wird der Katalog von Mitwirkungspflichten erweitert, deren Nichtbefolgung mit starken Leistungseinschränkungen sanktioniert wird. Während bereits nach der bisherigen Gesetzeslage das Nichterscheinen zum Anhörungstermin, die Nichtvorlage des Passes sowie die Identitätstäuschung zu einer Herabsetzung der Leistungsansprüche führt, lösen nun auch die verzögerte Asylantragstellung, die Nichtmitwirkung an der Passbeschaffung und die Verweigerung erkennungsdienstlicher Maßnahmen diese Rechtsfolge aus.
Das „Dritte Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes“ wird am 1. September 2019 in Kraft treten und soll die verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Ermittlung der Bedarfssätze nach § 3 AsylbLG umsetzen. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Jahr 2012 entschieden, dass der Gesetzgeber jährlich die Höhe der Geldleistungen nach dem AsylbLG anpassen müsse, da ansonsten die Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht gewährleistet sei (vgl. BVerfG – Urteil vom 18. Juli 2012, 1 BvL 10/10,1 BvL 2/11). Nachdem seit dem Jahr 2016 eine Änderung der Regelbedarfsstufen unterblieben ist, werden nun die Bedarfssätze in Teilen der allgemeinen Preissteigerung angeglichen, wobei die Änderungen für bestimmte Personengruppen eine Schlechter- statt einer Besserstellung vorsehen. Namentlich werden alleinstehende Erwachsene, die in einer Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht sind, künftig so gestellt, als gehörten sie aufgrund der Unterbringung mit anderen Asylsuchenden einer Bedarfsgemeinschaft an und dementsprechend der Regelbedarfsstufe 2 zugeordnet