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Solidarität in Zeiten der Entrechtung

Liebe Kolleg*innen und Unterstützer*innen,

eine unserer letzten Veranstaltungen in diesem Jahr war das Trainee-Programm für neue Mitarbeitende in den Psychosozialen Zentren. Auf die Frage, warum sich die Kolleg*innen im PSZ beworben haben und was ihre Arbeit besonders macht, fanden die Teilnehmenden persönliche Worte:

Die unglaubliche Stärke ihrer Klient*innen, die Sinnhaftigkeit der Arbeit für mehr Gerechtigkeit, der bereichernde kulturelle Austausch, die erlebte Selbstwirksamkeit, die Kolleg*innen und die Selbstorganisation im Team sind auch – oder gerade! – in politisch düsteren Zeiten ganz klare motivierende Wegweiser. 

Wir möchten Ihnen und Euch dieses positive Besinnen auf unsere gemeinsame Arbeit mitgeben und wünschen Ruhe, Gesundheit und Gemeinschaft für den Jahreswechsel. 

Nach einem der herausforderndsten Jahre verabschiedet sich die Geschäftsstelle der BAfF mit einem Rückblick auf die letzten Monate in die Feiertage – mit einem Dank an Sie und Euch für die gemeinsame Arbeit.

Herzlich,

die Geschäftsstelle der BAfF


Jede Spende macht einen Unterschied

Der Einsatz für geflüchtete Menschen ist so bedroht wie nie. Die Kürzungen der Bundesregierung bei den Mitteln der Psychosozialen Zentren, die Asylrechtsverschärfungen auf europäischer und nationaler Ebene und nicht zuletzt der Frontalangriff auf das Menschenrecht auf Gesundheit durch die Änderungen im AsylbLG werden die Strukturen und Handlungsspielräume unserer Arbeit im nächsten Jahr massiv beschneiden. 

Stellen Sie sich an unsere Seite und unterstützen Sie uns mit einer Fördermitgliedschaft oder einer Spende.


JAHRESRÜCKBLICK 2023

“Solidarity across Borders in Times of War”

 600 Tage nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, 10 Tage nach dem Terrorangriff der Hamas in Israel und einen Tag nach den Parlamentswahlen in Polen hat die BAfF für Kolleg*innen aus der Ukraine, Georgien, Polen, Italien, Rumänien, Israel, Serbien, Belarus und den Niederlanden in Warschau einen Raum eröffnet, um darüber zu sprechen: „Wie können wir weiterarbeiten – inmitten der andauernden Kriegssituation, der gesellschaftlichen Polarisierung und der massiven Ausgrenzung geflüchteter Menschen durch die EU und ihre Mitgliedsstaaten?“ Und „Was braucht es, um weiter an der Seite geflüchteter Menschen zu stehen – in Zeiten, in denen unser Handlungsspielraum als Zivilgesellschaft zunehmend eingeschränkt wird?“
Unsere Learnings aus dem „European Forum on Human Rights and Psychosocial Support for Refugee Survivors”


“Bund-Länder-Dialog”: Psychosoziale Unterstützung für Geflüchtete

Kurz darauf haben wir gemeinsam mit Akteur*innen aus Bund und Ländern diskutiert, ob und wie die Defizite in der psychosozialen Unterstützung geflüchteter Menschen adressiert werden können. Kooperationspartner für dieses neue Veranstaltungsformat war in diesem Jahr das Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration Rheinland-Pfalz – und damit eines derjenigen Bundesländer, die sich sowohl für die inzwischen sechs Psychosozialen Zentren (PSZ) für Geflüchtete als auch für die Interkulturelle Öffnung des Gesundheitswesens einsetzen.
Perspektiven aus Verwaltungs- und Versorgungsperspektive gibt es im Bericht auf unserer Homepage.


30 Jahre nach dem Asylkompromiss: Deutschland und Europa beschließen die weitreichendsten Entrechtungen seit Bestehen der Europäischen Union

Im Jahr 2023 erreichten geflüchtete Menschen den Höhepunkt der schwerwiegendsten Entbehrungen seit dem Asylkompromiss vor 30 Jahren. Die Einigung auf ein „Gemeinsames Europäisches Asylsystem“ (GEAS) führt dazu, dass Haftlager an den Außengrenzen ohne realistische Chancen auf faire Asylverfahren in den nächsten zwei Jahren zur grausamen Realität werden. Dies setzt Schutzsuchende systematisch der Gefahr weiterer traumatischer Gewalterfahrungen aus und birgt erhebliche Gesundheits- und Kindeswohlgefährdungen. Medizinische und psychologische Versorgung sowie unabhängige rechtliche Beratung werden de facto kaum noch erreichbar sein. Zur Kommentierung der BAfF

Das „Rückführungspaket„, das kurz nach der faktischen Abschaffung des Asylrechts auf europäischer Ebene von der Koalition vereinbart wurde, bringt Geflüchtete, die trotz der brutalen Abschottung an den Außengrenzen nach Deutschland fliehen, nicht nur ständige Unsicherheit durch unangekündigte Durchsuchungen und nächtliche Abschiebungen. Ihr Anspruch auf psychotherapeutische und ärztliche Versorgung im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) soll künftig 3 Jahre beschränkt werden. Zur Stellungnahme der BAfF, der BPtK und der DeGPT

Damit folgen die Ampel-Fraktionen der faktenfreien und menschenfeindlichen Debatte, die Ende September von Friedrich Merz ausgelöst wurde, obwohl deren Argumente durch die Versorgungs- und Migrationsforschung seit vielen Jahren widerlegt sind. Zur Kommentierung der BAfF

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Die BAfF hat anlässlich des traurigen 30-jährigen Jubiläums des AsylbLG gemeinsam mit Ärzte der Welt und der Amadeu Antonio Stiftung eine Videodokumentation zu den Folgen des Verfassungswidrigen Sondergesetzes veröffentlicht. Sie zeigt auf, wie gesetzlich festgeschriebene Ungleichbehandlung und rassistische Gewalt in der Lebensrealität geflüchteter Menschen ineinandergreifen – zu einem Preis, den sowohl das Gesundheitssystem als auch die Gesellschaft als Ganzes zahlen müssen. 


PUBLIKATIONEN 2023

„Vorbild Ukraine?“ Hilfesysteme der Zukunft

Noch zu Beginn des Jahres war undenkbar, wie grundlegend sich der migrationspolitische Wind in kurzer Zeit drehen würde. Die BAfF arbeitete mit dem Bundesfachverband umF (BumF), ECPAT Deutschland und unterstützt durch terre des hommes an einem Projekt – mit dem Ziel, Lernerfahrungen aus der Aufnahme ukrainischer Geflüchteter aufzuarbeiten, um sie für alle Geflüchteten nutzbar zu machen. Besonders präsent war dabei auch die Frage, welche psychologischen und sozialen Auswirkungen die vergleichsweise bessere Behandlung ukrainischer Geflüchteter auf die Hilfesysteme und ihre Nutzer*innen haben. Fachkräfte standen im Arbeitsalltag vor unlösbaren Fragen : „Warum darf ich diese Person oder Familie umfassender versorgen, und jene nicht? Warum erzeugt dieses Schicksal Empathie bei meinen Mitmenschen, und jenes nicht? Warum werden finanzielle und rechtliche Möglichkeiten, für die ich mich so lange vergeblich einsetze, plötzlich selbstverständlich?

In unserer Publikation zum Projekt haben wir Wissens-, Reflexions- und Vernetzungsbedarfe in der Praxis identifiziert und Gestaltungspotentiale für Hilfesysteme der Zukunft festgehalten.

„A displaced civil society“

Gemeinsam mit dem Conflict Analysis and Prevention Center (CAPC) hat die BAfF im Juni einen Report zur psychosozialen Situation von Menschenrechtsaktivistinnen und Journalistinnen veröffentlicht, die aus Belarus in die Ukraine, nach Georgien, Litauen und Polen geflohen sind. Er basiert auf 89 Tiefeninterviews und ist geleitet von der Frage, warum es auch in unserem Interesse ist, ihr Engagement zu unterstützen. Aktivist*innen berichten über ihre Gewalterfahrungen während der Proteste in Belarus, auf der Flucht und nach ihrer Ankunft im Exil – aber auch darüber, wie elementar Zusammenhalt und Solidarität dafür sind, weiter aktiv bleiben zu können: “If one of us is imprisoned, the other one takes the child and leaves the country.”

„A displaced civil society – Addressing psychological trauma and supporting the recovery of relocated activists from Belarus“


„InTo Justice“ – Überlebende von Folter und schwerer Gewalt. Wege in die Rehabilitation

Folterüberlebende werden im Aufnahme- und Gesundheitssystem oft nicht rechtzeitig erkannt, da die Folgen nicht immer sichtbar sind. Betroffene haben Schwierigkeiten, über traumatische Erfahrungen zu sprechen, aufgrund von Vermeidungsverhalten, Gedächtnisbeeinträchtigung und fehlendem Vertrauen. Ihre Berichte werden nicht immer geglaubt, was zu Chronifizierung von Krankheiten und sogar Abschiebungen führen kann. Das Projekt „InTo Justice“ zielte darauf ab, Folterspuren zu dokumentieren und die Rehabilitation zu ermöglichen, basierend auf dem Istanbul-Protokoll der Vereinten Nationen. Die Partner entwickelten einen Versorgungspfad in vier Schritten: Identifizierung, vertiefte Bedarfsklärung, interdisziplinäre Sachverhaltsaufklärung und Rehabilitation.

Zur Publikation

„Flucht & Gewalt. Versorgungsbericht 2023″

Nur 4,1 % der Schutzsuchenden mit Versorgungsbedarf werden in Deutschland von den Psychosozialen Zentren betreut, während die Leistungsträger im Gesundheits- und Sozialsystem lediglich 6 % ihrer Versorgungsangebote abdecken, das zeigt unser diesjähriger Versorgungsbericht. Angesichts gefährlicherer Fluchtwege durch Reformen zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS) erwartet die BAfF eine Verschärfung dieser prekären Situation und fordert dringende Veränderungen auf europäischer, nationaler und Länderebene. Das Versorgungssystem für schutzsuchende Folterüberlebende in Deutschland ist überlastet und finanziell unzureichend abgesichert. Der Versorgungsbericht der BAfF enthält umfassende Lösungsvorschläge, um das Versorgungsdefizit anzugehen.

Zur Publikation


Policy Paper und Leitfaden „Besondere Schutzbedarfe“

Das Policy Paper richtet sich an politische Entscheidungsträgerinnen und zeigt auf, welche strukturellen Mindeststandards erfüllen sein müssen, um eine systematische Identifizierung von Schutzbedarfen in Aufnahmeeinrichtungen umzusetzen. Der Leifaden zur Erkennung besonderer Schutzbedarfe von geflüchteten Menschen als Teil der „Toolbox Schutzbedarfe“ soll Einrichtungen darin unterstützen, ein Beratungsangebot für Bewohnerinnen mit besonderen Schutzbedarf aufzubauen und den Mitarbeitenden Wissen und Handlungsanleitungen für die Beratung von schutzbedürftigen Personen vermittelt.

Die Materialien der „Toolbox Schutzbedarfe“ und das Policy Paper stehen hier zum Download bereit.


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Der Einsatz für geflüchtete Menschen ist so bedroht wie nie. Die Kürzungen der Bundesregierung bei den Mitteln der Psychosozialen Zentren, die Asylrechtsverschärfungen auf europäischer und nationaler Ebene und nicht zuletzt der Frontalangriff auf das Menschenrecht auf Gesundheit durch die Änderungen im AsylbLG werden die Strukturen und Handlungsspielräume unserer Arbeit im nächsten Jahr massiv beschneiden. 

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