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„Überlebende von Folter und schwerer Gewalt – Wege in die Rehabilitation“ – neue Publikation

Durch das Projekt „InTo Justice“ konnte die interdisziplinäre Versorgung von Asylsuchenden mit Foltererfahrung in Nordrhein-Westfalen und Hessen verbessert werden. Eindrückliche Fallbeispiele zeigen auf, wie sich durch die Zusammenarbeit der Akteur*innen heilsame Wege in die Rehabilitation eröffnen können.

Folterüberlebende werden im Aufnahme- und Gesundheitssystem selten rechtzeitig erkannt, da die Folgen von Folter und schwerer Gewalt nicht immer sichtbar sind oder nicht als auffällig dokumentiert werden. So erhalten schutzsuchende Menschen, die schwere psychische, physische oder auch sexualisierte Gewalt erfahren mussten, nicht die notwendige Unterstützung und Versorgung.

Das Besondere am InTo-Projekt steckt für mich schon im Namen – Menschen, denen Gerechtigkeit zusteht, wird dazu verholfen, diese auch zu erhalten. Dabei wollen wir dort hinsehen, wo andere die Augen schließen und dort handeln, wo bisher nichts getan werden konnte.

Carina Heyde, Psychotherapeutin im InTo-Projekt, PSZ Düsseldorf

Das Projekt InTo Justice. Interdisziplinäre Dokumentation und ganzheitliche Rehabilitation von Folter und Folterfolgen hatte zum Ziel, Folterspuren zu dokumentieren und die Rehabilitation der Überlebenden zu ermöglichen. Grundlage dieser Arbeit bildet das Istanbul-Protokoll, ein von den Vereinten Nationen anerkannter Standard zur interdisziplinären Dokumentation von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe sowie die Antifolterkonvention.

Für Betroffene bestehen häufig große Hürden, von sich aus über die traumatischen Erfahrungen zu sprechen, unter anderem aufgrund von Vermeidungsverhalten, Gedächtnisbeeinträchtigung, Scham und fehlendem Vertrauen. Wenn Erfahrungen von Folter und schwerer Gewalt vorgetragen werden, wird Schutzsuchenden zudem nicht immer geglaubt oder sie werden nicht als asylrelevant eingestuft. So droht den Personen neben der Chronifizierung von Krankheiten darüber hinaus die Abschiebung, da der besondere Schutzbedarf nicht erfasst wurde.

Ich war mir sicher, dass man mich hassen würde, wenn man erfährt, was mir passiert ist. Niemals hätte ich gedacht, dass ich jemals wieder lächeln kann.

Klientin im InTo-Projekt

Orientiert an den Standards zur Dokumentation von Folterfolgen und den Möglichkeiten der Umsetzung in Deutschland wurde während der Projektlaufzeit ein Versorgungspfad für Überlebende von Folter und schwerer Gewalt in vier Schritten systematisiert:

  • Identifizierung
  • vertiefte Bedarfsklärung
  • interdisziplinäre Sachverhaltsaufklärung
  • Rehabilitation

Dieser Versorgungspfad wird anhand von Fallbeispielen anschaulich erläutert.

Die Zusammenarbeit bei der Bedarfsklärung sollte eigentlich immer so laufen, damit die Klient*innen schnell die Versorgung bekommen, die sie brauchen.

Mitarbeiter der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE)

Aus dem Projekt sind folgende Punkte abzuleiten:

  1. Das frühzeitige Erkennen von Folterüberlebenden muss systematisch in Aufnahme- und Gesundheitssystem umgesetzt werden.
  2. Die Bedarfsklärung und das Case Management können durch Psychosoziale Zentren (PSZ), niedergelassene Psychotherapeut*innen, Institutsambulanzen, Fachberatungsstellen und Verfahrensberatungsstellen geleistet werden.
  3. Für die interdisziplinäre Sachverhaltsaufklärung ist bei einer Indikation auch die Zusammenarbeit mit einer Rechtsmedizin notwendig.
  4. Für die vollumfängliche Rehabilitation sind verschiedene Bereiche des Gesundheitsversorgungssystems zuständig.

Ausführlichere Forderungen finden sich in der Publikation.


Die Publikation kann in unserem Shop bestellt werden und steht zum Download als PDF bereit.