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Auf dem Bidl sind Kinder zu sehen, die ihre Gesichter mit selbstgemalten Bildern verstecken. Aufgenommen ist es in der Kunstwerkstatt RIEM.

Psychosoziale Hilfe in Krisenzeiten

Noch immer fliehen Menschen vor und aus dem Krieg in der Ukraine nach Deutschland – ein Angebot aus München zeigt, wie die psychosoziale Versorgung von Kriegsgeflüchteten aussehen kann.

Der 24. August markiert in diesem Jahr nicht nur den ukrainischen Unabhängigkeitstag, sondern auch den Beginn des russischen Angriffskriegs vor sechs Monaten. Bisher sind knapp eine Million Menschen nach Deutschland geflüchtet (Stand: 16. August 2022, vorläufig registrierte Menschen 971.000, Quelle: UNHCR).

Menschenrechtsverletzungen wie Krieg, Gewalt, Folter und Verfolgung können schwere Traumata auslösen, die oft ein Leben lang nachwirken. Allein über 180.000 Menschen aus der Ukraine könnten Schätzungen zufolge in den nächsten Monaten und Jahren psychosoziale Unterstützung benötigen.

Das Psychosoziale Zentrum Refugio München, Mitglied in der BAfF und seit 1994 aktiv in der Unterstützung von geflüchteten Menschen, bietet seit Mai 2022 Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die aufgrund des Krieges in der Ukraine geflohen sind, psychosoziale Erste Hilfe an. Dazu wurde das „Mental Health Center Ukraine“ bei Refugio München aufgebaut, dass sich an alle Menschen, die aus der Ukraine geflohen sind, richtet.

Im Zentrum der Arbeit stehen die Stabilisierung, psychotherapeutische Interventionen im Einzel- und Gruppensetting und die fachärztliche Abklärung von psychischen Erkrankungen der Menschen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf Kindern und Jugendlichen.

Für unser Behandlungszentrum war es eine große Erleichterung, dass wir so schnell – innerhalb von zwei Monaten – ein eigenes Team für Geflüchtete aus der Ukraine aufstellen konnten. Die Bedarfe von Geflüchteten, deren traumatische Erlebnisse noch sehr frisch sind, liegen zunächst vor allem im Bereich der Stabilisierung und psychosozialen und psychoedukativen Erstversorgung. Erst nach ein paar Monaten stellt sich heraus, ob weiterer Bedarf an Traumatherapie besteht.

Jürgen Soyer, Geschäftsführer Refugio München

Aufgrund dieser Akutphase war es für Refugio München sehr hilfreich und sinnvoll ein eigenes Team mit einem speziellen Konzept für Geflüchtete aus der Ukraine aufzustellen. Darüber hinaus war es der Einrichtung auch sehr wichtig, dass die Kapazitäten für die Therapie von Geflüchteten aus anderen Ländern nicht eingeschränkt werden müssen, da die psychosoziale Versorgung von Geflüchteten bei Weitem nicht ausreichend ist.

Weitere Informationen zum Mental Health Center Ukraine.

Forderungen

Durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die große Fluchtbewegung rechnen die Psychosozialen Zentren mit einem deutlichen Anstieg an Anfragen im Jahr 2022. Sie sind dabei oftmals einzigen Anlaufstellen für Menschen mit Fluchterfahrung, die auf die vielfältigen Bedürfnisse vorbereitet sind. Die Beratung und Therapie findet dolmetscher-gestützt in einem sicheren Rahmen statt.

Damit geflüchtete Menschen bei Bedarf angemessen versorgt werden können, braucht es u.a.

  • eine nachhaltige und langfristige Finanzierung der Psychosozialen Zentren durch Bund und Länder,
  • einen gesetzlichen Anspruch auf Sprachmittlung für Menschen ohne oder mit geringen Sprachkenntnissen in Therapie und Beratung sowie die finanziellen Rahmenbedingungen,
  • eine Krankenkassenkarte für alle geflüchtete Personen von Anfang an in allen Bundesländern.

Die Pressemitteilung als PDF.


Heike Martin von Refugio München steht für Interviews und Statements zum Mental Health Center Ukraine gerne zur Verfügung. Wenden Sie sich dafür bitte an presse@refugio-muenchen.de oder + 49 89 98295734.

(Bildnachweis: Refugio München)