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FAQ

Welche Unterstützungskonzepte gibt es neben Psychotherapie noch? Wie sind diese zu bewerten?

Durch Peer-Konzepte, die zur Begleitung oder Beratung entwickelt wurden, soll möglichst vielen Personen der Weg ins Gesundheitssystem erleichtert werden und durch teilweise edukative, stabilisierende und ressourcenaktivierende Interventionen in der jeweiligen Muttersprache Entlastung gefunden, Sicherheit und Stabilität gewonnen und Selbstwirksamkeit gestärkt werden. Diese Konzepte lassen sich in folgende Kategorien systematisieren: Gesundheitslots*innen, Peer-Berater*innen und Mentor*innen (Jain et. al, 2014).

  • Gesundheitslots*innen: Es bestehen zum einen Programme, die Lai*innen dazu anleiten, belastete Personen (meist vor Ort in den Unterkünften) zu identifizieren und diese dann möglichst schnell in bestehende Beratungs- und Behandlungsstrukturen zu „lotsen“. Sie kennen die Abläufe und Anlaufstellen des Gesundheitssystems gut und haben ein breites Netzwerk aufgebaut.
  • Peer-Berater*innen: Des Weiteren gibt es Peer-Aktivitäten, die die reine „Wegweiserfunktion“ überschreiten und das psychosoziale Angebot ergänzen. Sie werden unterschiedlich bezeichnet, u. a. als Laienhelfer*innen, paraprofessionelle Helfer*innen, psychosoziale Peer-Berater*innen, Trauma-informierte Peer-Berater*innen o. ä. Je nach Programm wird Psychoedukation, Stabilisierung und Ressourcenaktivierung durchgeführt, vereinzelt existieren auch Ansätze, die weiterführende psychotherapeutische Elemente in die Arbeit der Peers integrieren. Unterschiede gibt es hierbei bei der Einbindung in das Netz aus professionellen Hilfen (der Regelversorgung).
  • Mentor*innen: Ein dritter Bereich des Einsatzes von sogenannten Peers beinhaltet eine Art Prozessbegleitung (Unterstützung im Alltag, bei Behördengängen oder Wohnungssuche) und Stabilisierungsarbeit von geflüchteten Patient*innen mit Traumafolgestörungen, die bereits in Therapie sind, d. h. nicht als Ersatz für eine psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlung konzipiert sind.

Die Rahmenbedingungen (Qualifizierung, Koordinierung, Supervision, Netzwerk, …) der Unterstützung durch Peers werden in einer sehr unterschiedlichen Weise ausgefüllt. Es gibt Programme, die eine prozessorientierte Qualifizierung mit z. B. acht Modulen beinhalten und bedarfsorientiert und in hoher Frequenz supervisorisch begleiten. Auf der anderen Seite gibt es jedoch auch Programme, die Laien innerhalb von zwei Tagen zu dieser Tätigkeit „befähigen“ wollen. Es wird im Folgenden dargelegt, welche Gefahren diese Programme bergen:

  • Generalisierung von Sprache, Kultur und Community: Grundsätzlich ist es sehr hilfreich, eine gemeinsame Sprache zu sprechen, ebenso wie ein gegenseitiges Verstehen durch scheinbare (kulturelle) Nähe. Eine einfache Generalisierung und ein Heranziehen von Laienhelfer*innen aus diesen Gründen ist jedoch nicht unmittelbar bedarfsgerecht.
  • Rollenkonfusionen und Abgrenzungsschwierigkeiten: Die Praxis zeigt, dass Laienhelfer*innen aufgrund ihrer Mehrsprachigkeit häufig auch z.B. bei Vermittlungen ins Regelversorgungssystem als „Sprachmittler*innen” oder auch als Sozialarbeiter*innen fungieren. Es kommt so zu Rollenkonfusionen.
  • Verwässerung professioneller Standards: Durch quasi-therapeutische Unterstützung bzw. Laientraumatherapien verwässern klar geregelte und festgelegt berufliche Standards für Psychotherapie und mögliche unerwünschte Effekte, wie z.B. eine unkontrollierte Überflutung durch Reaktualisierung der traumatischen Erfahrung und Grenzverletzungen können eintreten. Desweiteren besteht die Gefahr, dass die eingesetzten Personen zu einer Ausbildung „zweiter Klasse“ bewegt werden, welche keine angemessene Vergütung und/oder Zukunftsperspektiven aufweisen.

 

Weitere Informationen finden Sie unter:

BAfF. (2019). Lots*innen, Peers und Laienhelfer*innen: (Neue) Unterstützungskonzepte in der psychosozialen Arbeit mit Geflüchteten. Positionspapier. http://www.baff-zentren.org/wp-content/uploads/2019/02/BAfF_Positionspapier_Laienhilfe_2019.pdf

Jain, S., McLean, C., Adler, E. P., Lindley, S. E., Ruzek, J. I., & Rosen, C. S. (2014). Does the Integration of Peers into the Treatment of Adults with Posttraumatic Stress Disorder Improve Access to Mental Health Care? A Literature Review and Conceptual Model. Traumatic Stress Disorders & Treatment, 2013. https://doi.org/10.4172/2324-8947.1000109

Wolf, V., & van Keuk, E. (2018). Nach der Flucht das Gleichgewicht wiederfinden. Erfahrungen aus dem Düsseldorfer Modellprojekt „In2Balance – Laienhilfe für Geflüchtete zur psychischen Stabilisierung“. Ärztliche Psychotherapie, 13(2), 103–108.