PRESSEMITTEILUNG
25. Juli 2023
Schon am morgigen Mittwoch, den 26.7., soll es auf Ebene der ständigen Vertreter in Brüssel eine Entscheidung zur nächsten Asylrechtsverschärfung geben. Nach den historisch einmaligen Menschenrechtseinschränkungen im Zuge der GEAS-Reform Anfang Juni drohen Schutzsuchenden damit noch weitreichendere Entrechtungen. Verhandelt werden soll die sogenannte „Krisen-Verordnung“, mit der auch die erst im Dezember abgewehrten Vorschläge zur „Instrumentalisierungsverordnung“ wieder auf dem Tisch sind. Wenn die deutsche Bundesregierung diesen Vorschlägen zustimmt, dann setzt sie Menschen auf der Suche nach Schutz vor Folter und Krieg systematisch der Gefahr weiterer traumatischer Gewalterfahrungen aus und nimmt massive Gesundheits- und Kindeswohlgefährdungen in Kauf.
Worüber wird verhandelt?
Im Fall von Krisen, höherer Gewalt und Instrumentalisierung sollen EU-Staaten den Zugang zum Recht auf Asyl noch weiter einschränken dürfen als ohnehin durch die Reformpläne vorgesehen.
Sie dürften:
- noch mehr Personen für noch längere Zeit in Grenzverfahren nehmen
- Registrierungen an der Grenze so lange verzögern, dass Menschen ohne jeden Registrierungsnachweis gewaltsam zurückgeschoben werden könnten
- Asylanträge vollständig, also auch inhaltlich, direkt an der Grenze prüfen
- die Standards für die Unterbringung und Versorgung von Schutzsuchenden unter jedes erträgliche, menschenwürdige Minimum absenken
Im Instrumentalisierungsfall dürfen sie darüber hinaus:
- alle Asylsuchenden in Grenzverfahren zwingen, die massiv Standards für faire Asylverfahren absenken
- auch traumatisierte Schutzsuchende, Menschen mit Behinderungen, Familien und allein fliehende Kinder und Jugendliche inhaftieren
Welche Folgen drohen?
- Die Vorschläge ermöglichen die massenhafte Internierung Schutzsuchender unter katastrophalen Bedingungen und legalisieren damit die schweren Menschenrechtsverletzungen, die teils schon jetzt an Europas Außengrenzen praktiziert werden.
- Sie setzen Menschen auf der Suche nach Schutz vor Folter und Krieg systematisch der Gefahr weiterer traumatischer Gewalterfahrungen aus und nehmen massive Gesundheits- und Kindeswohlgefährdungen in Kauf.
- Medizinische/psychologische Versorgung und unabhängige rechtliche Beratung wird de facto kaum noch zugänglich sein.
„Mit jedem illegalen Pushback an den EU-Außengrenzen, mit jedem Mal, dass Schutzsuchenden erneut schwere Gewalt angetan und medizinische Versorgung verzögert oder verwehrt wird, entfernt sich die Bundesregierung weiter von ihren Koalitionsversprechen und von ihrem Bekenntnis zu grundlegenden Menschenrechten. Sie muss jetzt handeln“
Alva Träbert, Referent*in für besondere Schutzbedarfe und Advocacy
Warum muss die Bundesregierung die Vorschläge jetzt stoppen?
- Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag dazu verpflichtet, illegale Zurückweisungen und das Leiden an den Außengrenzen zu beenden.
- Von den für die GEAS-Reform geplanten Grenzverfahren wollte sie zumindest Kinder und andere vulnerable Gruppen ausnehmen.
- In ihrem Prioritätenpapier zur GEAS-Reform hat sie sich klar gegen die Aufnahme der Verschärfungen im Fall einer Instrumentalisierung in die Krisenverordnung positioniert.
Was ist jetzt zu tun?
Wir fordern die Bundesregierung auf:
- Sie muss bei ihrem ursprünglichen „Nein“ zur Instrumentalisierungsverordnung bleiben,
- diese zusätzliche Verschärfung schon jetzt stoppen
- und sich grundsätzlich gegen die GEAS-Reform stellen, solange dazu kein finaler Beschluss existiert.
Interviews:
Alva Träbert, Referent*in für besondere Schutzbedarfe und Lukas Welz, Geschäftsleiter der BAfF stehen für Interviews und Statements gerne zur Verfügung.
Für Presseanfragen wenden Sie sich bitte an jenny.baron@baff-zentren.org
(Tel.: +49 151 610 140 94)
Über die BAfF
Die BAfF ist der Fach- und Dachverband von 47 Psychosozialen Zentren in Deutschland und setzt sich seit 25 Jahren gegen Diskriminierung und Menschrechtsverletzungen im Kontext Flucht ein. Die Psychosozialen Zentren haben sich zu einem zentralen Akteur in der psychosozialen Versorgung geflüchteter Menschen entwickelt. Sie bieten psychosoziale, psychotherapeutische, rechtliche, soziale und oftmals medizinische Unterstützung für geflüchtete Menschen an, unabhängig von Nationalität, Aufenthaltsstatus, sexueller Orientierung, politischen, ethnischen, religiösen oder sonstigen Zugehörigkeiten.