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Ein Jahr Krieg in der Ukraine

Seit einem Jahr dauert nun schon der brutale Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, Millionen Menschen sind bereits aus der Ukraine in die osteuropäischen Nachbarländer und nach Deutschland vertrieben worden. Es ist die größte Fluchtbewegung in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg.

Doch der Krieg hat nicht nur verheerende Wirkung auf die Ukraine, er wirkt auch auf die gesamte Region.

Gemeinsam mit unseren Mitgliedern, den Psychosozialen Zentren für Geflüchtete und Folterüberlebende, stehen wir hinter den Menschen, die Schutz und Sicherheit bei uns in Deutschland und Europa suchen, aber auch an der Seite von Menschenrechtsaktivist*innen und Helfenden in der Region.


Menschenrechtsverletzungen wie Krieg, Gewalt, Folter und Verfolgung können schwere Traumata auslösen, die oft ein Leben lang nachwirken.

Die BAfF unterstützt im Rahmen ihrer internationalen Arbeit in der Region zivilgesellschaftliche Initiativen von und mit Gesundheitsfachkräften und Aktivist*innen, die sich vor Ort um Opfer von Krieg und Gewalt kümmern. Ein besonderer Fokus liegt auf der Hilfe für Helfer, die bereits vor dem Krieg wenig Unterstützung erfuhren und nun in ihrer Arbeit konstant über ihre eigenen Grenzen gehen. Welche Hilfe brauchen sie? Wie können sie angesichts von Kriegsverbrechen, Menschenrechtsverletzungen und grenzüberschreitendenden gesellschaftlichen Polarisierungen ihre tägliche Arbeit aufrechterhalten?

Der Deutschlandfunk thematisiert die Herausforderungen, aber auch stärkenden Momente unserer Arbeit in einem Beitrag, der am Rande unserer internationalen Tagung 2022 entstanden ist.

Hier können Sie den Beitrag hören: https://www.deutschlandfunk.de/ukraine-krieg-helfer-kriegshelfer-zivil-100.html

In ähnlicher Weise kann die BAfF, auch dank der Unterstützung durch die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), Workshops und Austauschrunden für psychosoziale Fachkräfte, welche selbst inmitten von Konfliktgebieten oder im Krieg leben, Überlebende von Menschenrechtsverletzungen unterstützen.

Diese sehr anspruchsvolle Aufgabe erfordert nicht nur besondere Fähigkeiten. Sie stehen darüber hinaus unter enormem moralischem und psychologischem Druck und laufen Gefahr, neben der Gefährdung ihres Lebens auch ein traumabedingtes Burnout und emotionale Erschöpfung zu erleiden. Netzwerke von Fachleuten bieten Räume für Reflexion, den Austausch von Erfahrungen und Ressourcen sowie emotionale Unterstützung in unbeständigen und äußerst prekären Situationen:

Allein das Wissen, dass wir uns an jemanden wenden können, dass jemand zuhört, ist hilfreich, gibt uns Kraft zum Weitermachen und sorgt für ein bisschen Normalität in dieser verrückten Situation.

Psychologe/Aktivist in der Ukraine

Der russische Angriffskrieg bringt Tod, Zerstörung und Leid über die Menschen in der Ukraine. Unsere Projektpartner*innen berichten über die psychosozialen Folgen der massiven Gewalterfahrungen.

Ein Großteil der über 40 Millionen Menschen in der Ukraine hat nach einem Jahr direkte Kriegsgewalt erlebt und geliebte Menschen im Umfeld verloren. Besonders schwer wiegen Erfahrungen von Gefangenschaft, Folter, sexueller Gewalt und Leben unter dem repressiven russischen Besatzungsregime.

Der gezielte Beschuss der Zivilbevölkerung terrorisieren die Bevölkerung täglich. Tausende wurden deportiert, vertrieben oder sind geflohen. Familien werden zerrissen, ältere Menschen bleiben oft zurück. Tausende werden Zeugen massiver Gewalterfahrungen. Und Menschen sind psychisch durch moralische Dilemmata belastet, die sich durch Scham und Schuld äußern können.

Kinder und Jugendlichen leben täglich mit der Angst um ihr Leben, mehrmals am Tag von der Schule, Kindergärten oder Spielplätzen in Schutzräume rennen. Nach Angaben der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft wurden bis heute 16.011 ukrainische Kinder nach Russland deportiert, 459 starben und 918 wurden verletzt.

Während wir hier sprechen, erleben Tausende von ukrainischen Kindern den Tod oder riskieren ihr Leben, sie erleben Dutzende von Gefahren und Ängsten, sie werden zu früh und zu schnell erwachsen. Dabei sind sie noch besonders verletzlich. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Last dessen, was sie durchlebt haben, ihre Zukunft zerstört. Sie brauchen schon heute psychologische Unterstützung und zwar so lange, wie sie benötigt wird. Nach einem Jahr Krieg sind viele Menschen erschöpft, das Überleben führt zu chronischem Stress und zersetzt die menschliche Seele.

Dina Gud, ROKADA (Partnerorganisation der BAfF)

Seit einem Jahr organisieren wir als BAfF auf vielen Wegen Unterstützung in der Ukraine und für Menschen aus der Ukraine in Deutschland, Polen, Rumänien und Moldawien.

Wir werden unsere Bemühungen zusammen mit unseren Partnerorganisationen verstärken, um die jahrzehntelangen Folgen des Krieges zu adressieren. Dazu zählt eine umfassende psychosoziale Unterstützung. Wir dürfen aber den Einsatz für Gerechtigkeit für die Betroffenen dabei genauso wenig aus dem Blick verlieren, wie die transnationale Unterstützung in Mittel- und Osteuropa für alle geflüchteten Überlebenden von Krieg, Verfolgung und Folter oder Menschenrechtsverteidiger*innen aus Russland oder Belarus.

Lukas Welz, Geschäftsleiter der BAfF

Das Psychosoziale Zentrum Refugio München, Mitglied in der BAfF und seit 1994 aktiv in der Unterstützung von geflüchteten Menschen, bietet seit Mai 2022 Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die aufgrund des Krieges in der Ukraine geflohen sind, psychosoziale Erste Hilfe an. Dazu wurde das „Refugio München Mental Health Center Ukraine“ bei Refugio München aufgebaut, dass sich an alle Menschen, die aus der Ukraine geflohen sind, richtet.

Weitere Informationen zum Mental Health Center Ukraine.


Unter den geflüchteten Menschen aus der Ukraine sind auch viele Kinder und Jugendliche.

Fachkräfte im Aufnahme-, im Jugendhilfe- und im Gesundheitssystem stehen dadurch vor Herausforderungen, von denen einige neu sind, andere hingegen Ausdruck struktureller Schwierigkeiten, die bereits seit vielen Jahren bestehen.

Auf einer zweitägigen Fachtagung möchten wir gemeinsam mit unseren Projektpartner*innen BumF, ECPAT und terre des hommes) die Erfahrungen von jungen Menschen aus der Ukraine und den sie begleitenden Fachkräften mit dem Aufnahmesystem sowie dem Jugendhilfe- und Gesundheitssystem in Deutschland sichtbar machen, Potentiale und Handlungsbedarfe für die Gestaltung bedarfsgerechter Unterstützungsstrukturen aufzeigen und diese mit den Perspektiven von Fachkräften aus der Praxis, Selbstorganisationen und Entscheidungsträger*innen aus Politik und Verwaltung zusammenbringen. Übergeordnet geht es um die Fragen, was im Vergleich zu vergangenen Fluchtbewegungen anders ist, welche Ungleichheiten mit dieser Situation einhergehen und was Praktiker*innen und Entscheidungsträger*innen für die Zukunft daraus lernen können und müssen.

Programm und Anmeldung


Das FORUM MENSCHENRECHTE hat ein Statement der Solidarität anlässlich des ersten Jahrestags des Angriffskriegs veröffentlicht.

Statement FORUM MENSCHENRECHTE