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Pressemitteilung zur Reform des EU-Asylsystems

PRESSEMITTEILUNG

6. Juni 2023

Am 8. Juni 2023 werden die EU-Innenminister*innen im Rat der Europäischen Union eine umfassende Reform des EU-Asylsystems verabschieden. Im Ergebnis soll eine jahrzehntelange Debatte um die Abschottung Europas rechtlich manifestiert und faktisch das Menschenrecht auf Asyl abgeschafft werden. Denn Asylsuchenden wird der Zugang zu einem fairen und rechtsstaatlichen Verfahren verwehrt. Stattdessen sollen sie an den EU-Außengrenzen ein Schnellverfahren durchlaufen, die das Vorbringen von Schutzbedarfen und die Verwirklichung individueller Schutzrechte nahezu unmöglich machen.

Die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP ist bereit, diese massiven Asylrechtsverschärfungen im Wesentlichen mitzutragen und damit einen Wendepunkt in der Asylpolitik einzuleiten – aber anders, als ihn der Koalitionsvertrag versprach. Mit der geplanten Zustimmung macht sich Deutschland direkt mitverantwortlich für die systematischen Menschenrechtsverletzungen, die durch die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten verübt werden.

Ein Verfahren, dass besonders vulnerable Personen erkennt und ihren Schutzbedarfen gerecht wird, ist nicht vorgesehen. Die Mehrheit besonders Schutzbedürftiger, insbesondere Menschen mit schweren Traumafolgen und psychischen Erkrankungen, aber auch LSBTI-Personen, Überlebende von Folter, Menschenhandel oder schwerer sexualisierter Gewalt, bleiben dabei unsichtbar. Aus der Erfahrung in der Arbeit mit traumatisierten Geflüchteten und Folteropfern ist bekannt, wie schwierig das Vorbringen von Gewalterfahrungen für die Betroffenen ist. Die Feststellung von Schutzbedarfen, insbesondere psychischer Traumafolgestörungen und Belastungen benötigt Zeit, Vertrauen und geschultes Fachpersonal.

Auch die Fiktion der Nichteinreise, verstößt massiv gegen die in der Genfer Flüchtlingskonvention verankerten Rechte indem angenommen wird, dass diese Menschen rechtlich noch gar nicht im Staatsgebiet sind und damit auch noch kein Asyl beantragen können. Doch auch diese Transiträume dürfen kein menschenrechtliches Niemandsland sein. Eine adäquate, menschenwürdige Unterbringung kann in diesen Transiträumen nicht gewährleistet werden. Eine unabhängige Kontrolle der menschenrechtlichen Situation wird nur schwer möglich sein. Bereits jetzt sind eklatant rechtsbrüchige Pushbacks durch EU-Mitgliedsstaaten bekannt und dürften durch die neuen Verfahren zur Tagesordnung werden.

Lukas Welz, Geschäftsleiter der BAfF:

„Deutschland hat eine historische Verantwortung durch die faktische Abschaffung des grundgesetzlich garantierten Asylrechtes bereits 1992 entsorgt, nun steht auch die Abwicklung der humanitären Verpflichtungen nach internationalem Recht an. Wir verurteilen entschieden die Arroganz, mit der die Bundesregierung bereit ist, universelle menschenrechtliche Werte zu opfern. Flucht aufgrund von Verfolgung, Krieg und Vertreibung ist eine Realität der Gegenwart und Zukunft.“

Interviews
Lukas Welz, Geschäftsleiter der BAfF, steht für Interviews und Statements gerne zur Verfügung. Für Presseanfragen wenden Sie sich bitte an lukas.welz@baff-zentren.org

Über die BAfF
Die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e.V. (BAfF) ist der Dachverband der Psychosozialen Zentren, Einrichtungen und Initiativen, die sich die psychosoziale und therapeutische Versorgung von Geflüchteten in Deutschland zur Aufgabe gemacht haben. Seit 25 Jahren engagiert sich die BAfF für vollen Schutz und gleiche Rechte für Geflüchtete und Folteropfer. Weitere Informationen unter www.baff-zentren.org