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Schreibwerkstatt für Folterüberlebende

Lebenssituation im Exil

Viele Überlebende von Krieg und politischer Verfolgung sind schwer traumatisiert und leiden unter ihren schrecklichen Erlebnissen. Oftmals finden sie sich in Deutschland in Lebenssituationen wieder, in denen ihr Leben wie in einem Warteraum erscheint. Sie wissen nicht genau, was am nächsten Tag passieren wird, ob sie in Deutschland bleiben können oder möglicherweise wieder abgeschoben werden. Zusätzlich ist die Lebenssituation von Flüchtlingen in Deutschland oftmals durch verschiedene Formen von Ausgrenzung und Ausgeschlossensein gekennzeichnet, wenn man als Asylbewerber beispielsweise nicht arbeiten, nicht studieren und keine Ausbildung aufnehmen oder nicht die Stadt verlassen darf.

Die fehlende Anerkennung des erlittenen Unrechts durch die Gesellschaft, der Stress der unsicheren Aufenthaltssituation, finanzielle Abhängigkeit, Heimunterbringung oder auch rassistische Übergriffe tragen so dazu bei, dass sich die Erfahrungen des Ausgeliefertseins und des Kontrollverlusts, wie die Flüchtlinge dies in extremster Form durch die Erfahrung von Folter erlebt haben, im Lebensalltag immer wieder wiederholen. Die ständige Unsicherheit macht es schwer, zur Ruhe zu kommen, die vergangenen Erlebnisse hinter sich zu lassen und sich mit dem neuen Leben zu verwurzeln.

Schreibwerkstatt

Projektidee

Grundidee der Schreibwerkstatt ist, dass man fast immer schreiben kann, egal in welcher verzweifelten Situation man sich auch befindet. Die Schreibwerkstatt Write to Life unterstützt die Integration von Überlebenden von Folter, Vergewaltigung und anderen Formen von Menschenrechtsverletzungen, indem ihre Erfahrungen von politischer Verfolgung, Krieg, Flucht und Leben im Exil öffentlich gemacht werden und ihnen zu einer Stimme im öffentlichen Raum verholfen wird. Damit sollen die erlittenen Menschenrechtsverletzungen dokumentiert und auf Seiten der Gesellschaft Verständnis und Anerkennung für das Erleben dieser Unrechtserfahrungen erreicht werden.

Schreiben als Therapie

Das Aufschreiben der eigenen Lebensgeschichte und damit auch der traumatischen Erfahrungen ist gleichermaßen vor dem Hintergrund bedeutsam, dass es den Flüchtlingen oftmals nicht möglich ist, über diese Erlebnisse mit grundlegender Bedeutung für ihr Leben zu sprechen. Sie haben meist überwältigende und unaussprechliche Erlebnisse hinter sich, die ihre gesamten früheren Lebenserfahrungen erschüttert haben. Nichts scheint mehr so, wie es einmal war. Obwohl das Vergessen ein häufig geäußerter Wunsch der Betroffenen ist, um sich vor den Erinnerungen und hereinbrechenden Emotionen zu schützen, können sie ihre Erfahrungen nicht loswerden. Das Schreiben bietet dabei verschiedene Möglichkeiten, sich zu distanzieren. Gerade in komplizierten Lebenssituationen ist es besonders schwer, den richtigen Abstand zu erreichen. Sprache – auch die geschriebene Sprache – hilft Bewusstsein zu schaffen, die Gedanken und Erlebnisse zu ordnen und in die eigene Biographie zu integrieren, sich die Erfahrungen so von der Seele zu schreiben.

Die Texte, die in der Schreibwerkstatt entstanden sind, bezeugen jedoch nicht nur die schrecklichen und traurigen Erfahrungen der Flüchtlinge, sondern sie zeugen auch von der besonderen Stärke der Menschen und ihren Ressourcen, es trotz widrigster Umstände zu schaffen, die Heimat hinter sich zu lassen, in ein fremdes Land zu fliehen und sich dort ein neues Leben aufzubauen.

Die Schreibwerkstatt wurde angeleitet von der iranisch-deutschen Schriftstellerin Sudabeh Mohafez. Neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit leitet sie literarische Schreibwerkstätten für Fortgeschrittene, Anfänger und Schüler.

Publikation zur Schreibwerkstatt

 

Schreibwerkstatt Publikation

Mit der Veröffentlichung des Sammelbandes „Und meine Seele jagte den flüchtenden Worten nach…“, möchten wir nun auch Sie einladen, an den Geschichten und Gedichten der ZeitzeugInnen teilzuhaben, ihr persönliches Schicksal nachzuvollziehen und sie dabei zu begleiten, wie sie Worte fanden für ihre inneren Bilder und Gedanken, für ihre Gefühle und Erinnerungen, ihre Wünsche und Visionen.

Die Broschüre zur Schreibwerkstatt können Sie über info@baff-zentren.org gegen Porto bestellen.

euDieses Projekt war Teil eines 3-jährigen EFF-Projektes. Wir bedanken uns für die Förderung des Europäischen Flüchtlingsfonds.