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Haushaltsbereinigungssitzung: Zukunft der Psychosozialen Zentren für Geflüchtete steht auf dem Spiel

Heute steht die Zukunft der Psychosozialen Zentren (PSZ) für Geflüchtete und Überlebende von Folter auf dem Spiel: Die Haushaltsberatungen der Bundesregierung für das nächste Jahr gehen auf die Zielgerade.

Wenn heute im parlamentarischen Verfahren keine Kurskorrektur erfolgt, besteht die Gefahr, dass der einzige Bereich, der Menschen unterstützt, die sich in Kriegs- und Krisengebieten für Demokratie und Menschenrechte engagiert haben und trotz aller Widrigkeiten um ihr Überleben kämpfen, zusammenbricht.  

Lukas Welz, Geschäftsleiter der BAfF

Die über 60%igen Kürzungen in der psychosozialen Unterstützung von Geflüchteten fallen in eine Zeit beispielloser Angriffe auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie treffen u.a. mit den PSZ eine Versorgungs- und Integrationsstruktur, die seit Jahrzehnten auffängt, worunter Länder, Kommunen und die gesamte Gesellschaft infolge einer verfehlten Sozial- und Integrationspolitik leiden. 

Unsere Kolleg*innen in den 47 Psychosozialen Zentren arbeiten weit über ihre eigenen Grenzen hinaus nicht nur daran, Klient*innen, die Ermordungen, Folter und sexualisierte Gewalt erlebt haben, fachliche Hilfe anzubieten. Sie sind es, die Fachkräfte aus allen Hilfesystemen dieses Landes in Unterkünften, Jugendämtern, Behörden, Gerichten, Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern und psychotherapeutischen Praxen schulen, ermutigen, aufklären, im Umgang mit traumatisierten und suizidalen Personen beraten, supervidieren und diese Arbeit für eine Migrationsgesellschaft breit vertreten. 

Ihre Expertise, ihre Netzwerke und ihr Engagement wurden in jeder sogenannten Krise – von der Fluchtbewegung in den Jahren 2015/16, über den massiv gestiegenen Bedarf nach psychosozialer Versorgung für Menschen aus Afghanistan seit 2021 bis hin zum Angriffskrieg auf die Ukraine überbordend nachgefragt und intensiv in Anspruch genommen. Dieses funktionierende System nun in einer der größten Menschenrechtskrisen unserer Zeit ohne jedes ökonomische Rational dem sozialen Kahlschlag zu opfern, ist kurzsichtig und verantwortungslos. 

Oberstes Gebot einer menschenrechtskonformen, solidarischen Politik muss es sein, das massive menschliche Leid zu minimieren, das die Klient*innen der PSZ bei einem menschenwürdigen, selbstbestimmten Start in ihr Leben in Deutschland behindert.  

Doch auch aus haushälterischer Sicht ist vollkommen klar, dass die 17 Millionen Euro, die der Bund aktuell für die Psychosozialen Zentren aufwendet, in allen gesellschaftlichen Bereichen eine „Rendite“ generieren, die diesen Aufwand um ein Vielfaches übersteigt: bei Krankenkassen durch geringere Behandlungskosten, bei Arbeitgeber*innen durch Integrationsgewinne und bei Rentenversicherungsträgern durch höhere und längere Beitragszahlungen. 

Eine vorausschauende Politik für die nächsten Jahre muss erkennen, dass es ökonomisch rational ist, für diesen Bereich Steuermittel zu investieren – eine Kürzung auf nur noch 7 Millionen Euro würde spiegelbildlich nicht nur höhere Gesundheitskosten, sondern auch enorme Integrations- und Teilhabeverluste in Kauf nehmen.  

Als Dachverband der 47 Psychosozialen Zentren appellieren wir mit Nachdruck an die Haushälter*innen, sich heute für den Erhalt dieser Versorgungsstruktur einzusetzen – statt die Gesellschaft überall dort weiter zu schwächen, wo Solidaritätsnetzwerke das Land noch zusammenhalten.