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Zur Ministerpräsidentenkonferenz und Abschiebedebatten

Die Debatte entgleitet: Es braucht Zusammenhalt und Solidarität statt Entrechtung 

Die aktuellen Gesetzesinitiativen dieser Woche befeuern eine Debatte, die von rechter Rhetorik geprägt ist und unnötige Verschärfungen bei Abschiebungen, Arbeitspflichten und Sachleistungen vorantreibt, statt die tatsächlichen Herausforderungen in der Aufnahme und Versorgung Schutzsuchender zu lösen. Geflüchteten Menschen wird in der aktuellen Diskussion von verschiedenen Seiten pauschalisierend unterstellt, dass sie nicht arbeiten wollten, keine legitimen Asylgründe hätten und Sozialleistungen missbrauchen würden.  

“Die Bundesregierung wiederholt durch diese Gesetzesinitiativen migrationspolitische Fehler der Vergangenheit und leistet rechtspopulistischen Angriffen auf unsere Gesellschaft Vorschub. Statt Solidarität, Integration und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern, werden Mittel für Gesundheit, Bildung, Soziales und Integration gekürzt.” 

Lukas Welz, Geschäftsleiter der BAfF 

Die Geflüchteten, die in den Psychosozialen Zentren betreut werden, sind besonders betroffen. Sie leben in überfüllten Massenunterkünften, dürfen nicht arbeiten und werden bereits heute ständig daran erinnert, dass sie durch Sondergesetze und strukturelle Diskriminierung durch Behörden Menschen zweiter Klasse sind.  

Hier nicht willkommen zu sein ist die Botschaft, die Schutzsuchende durch die aktuellen Diskussionen um die weitere Verschärfung des Asylrechts jeden Tag aufs Neue gesagt bekommen. Jeder Vorwurf, der sie mit ihren existenziellen Fluchtgründen als “Sozialtouristen” diskriminiert, bestreitet ihre Erfahrungen von Folter, Haft oder Vergewaltigung, die viele durch ihren Einsatz für Freiheit und Demokratie überlebt haben. 

„Niemand kann hier schlafen. Die Polizeieinsätze verängstigen alle. Es gibt zehnjährige Kinder, die einnässen, wenn die Polizei kommt.“  

Klientin eines Psychosozialen Zentrums 

Die aktuellen Vorschläge zur „Rückführungsverbesserung“ der Bundesregierung drohen die ohnehin hohe psychische Belastung der Betroffenen durch nächtliche und unangekündigte Abschiebungen sowie Durchsuchungen von Gemeinschaftsunterkünften zu verschlimmern. Die Psychosozialen Zentren wissen u.a. aus ihrer Arbeit in den Anker- und Erstaufnahmeeinrichtungen dieses Landes, wie massiv die psychische Belastung aller Bewohnenden mit jeder Razzia und jeder nächtlichen Abschiebung ansteigt. 

Aus der Praxis wissen wir, dass Menschen eine unvorstellbare Vielzahl an extremen Gewaltsituationen und traumatischen Verlusten überleben können. Doch auch diejenigen, die genug Ressourcen haben, um unter der Last des Erlebten nicht zu zerbrechen, werden durch jeden neuen Kontrollverlust geschädigt – auch wenn sie ihn nur miterleben müssen. Die permanente Angst vor (unangekündigten) Abschiebungen hat für traumatisierte Menschen ein enormes Destabilisierungspotential und wird die Vulnerabilität aller, die in Unterkünften leben müssen, langfristig erhöhen. 

Anstatt das Klima der Angst zu verschärfen und mit dem Feuer des Hasses zu spielen, sollten die lange bekannten Lösungswege eingeschlagen werden, die geflüchteten Menschen und der gesamten Gesellschaft eine sichere und würdige Zukunft ermöglichen. Dazu gehört die finanzielle Unterstützung zur Versorgung Schutzsuchender, die Aufhebung diskriminierender Gesetze und Partizipation und Integration geflüchteter Menschen zu ermöglichen. 

„In Zeiten, in denen eine rassistische und offen faschistisch auftretende Partei Zuspruch gewinnt und Populismus normales Stilmittel wird, sind Menschen gefragt, die an gemeinsame Werte appellieren: Solidarität, Toleranz, Menschlichkeit.“ 

Elise Bittenbinder, Vorsitzende der BAfF  

 Jetzt ist die Zeit, die Werte der Menschenrechte gegen jede Einschränkung zu verteidigen, die auf der historischen Erfahrung von Entmenschlichung und Gewalt entstanden sind. In unserer wertegeleiteten und demokratischen Gesellschaft sind wir verpflichtet, den geflüchteten Überlebenden Anerkennung, Respekt und Solidarität entgegenzubringen.