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Bedrohte afghanische Menschenrechtler*innen dürfen nicht ihrem Schicksal überlassen werden

Berlin, 15. August 2024 – Drei Jahre nach der Machtübernahme der Taliban sind Menschen in Afghanistan, die sich für Demokratie und Menschenrechte eingesetzt haben, stärker gefährdet denn je. Auch Afghan*innen, die bereits in Deutschland sind, machen sich zu Recht große Sorgen um Familienmitglieder und Bekannte, die unter prekären Bedingungen überleben müssen. Sie bei der Aufarbeitung dieser Belastung zu unterstützen, gehört zur Arbeit der Psychosozialen Zentren (PSZ), deren Klient*innen zu rund einem Viertel aus Afghanistan stammen.

Zum Jahrestag der Taliban-Machtübernahme fordern wir gemeinsam mit 55 weiteren Organisationen:

  • die vollständige Fortsetzung, Finanzierung und Beschleunigung des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan wie im Koalitionsvertrag festgehalten (siehe Statement zur geplanten Haushaltskürzung für Bundesaufnahmeprogramme, während zugleich der Gesamtetat des BMI erhöht werden soll);
  • die Reformierung des Ortskräfteverfahrens, sodass alle gefährdeten Personen, die für Deutschland gearbeitet haben, Schutz erhalten;
  • die Erleichterung und Beschleunigung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtige;
  • keine Abschiebungen nach Afghanistan sowie
  • den Ausbau der Kapazitäten für Unterbringung, Beratung und gesundheitliche Versorgung schutzsuchender Menschen.

Unser gemeinsames Statement dazu finden Sie hier.

Ungefähr ein Viertel der Klient*innen in den Psychosozialen Zentren für geflüchtete Menschen stammen aus Afghanistan. In den Zentren werden traumatisierende Erlebnisse wie Folter, psychische und physische Gewalt sowie Verfolgung aufgearbeitet, oft mit Unterstützung afghanischer Sprachmittler*innen. Besonders belastend für viele ist die Unsicherheit über ihre Bleibeperspektive in Deutschland. Ohne zu wissen, ob sie längerfristig hierbleiben können, können sie keine Zukunftspläne entwickeln, was für ihre Rehabilitation jedoch sehr wichtig wäre. Auch die immer akuter werdende Gefährdung von Angehörigen und Bekannten in Afghanistan stärkt die psychische Belastung.

Tausende Afghan*innen warten auf das Aufnahmeprogramm, aber Deutschland entscheidet jeden Tag etwas Neues. Deutschland weiß nicht oder will nicht wissen, in welch schwieriger Situation sie sich befinden. Sie kämpfen jeden Tag um ihr Leben.

Robina Karimi, Jugendliche ohne Grenzen

Die Bundesregierung muss ihrer humanitären Verantwortung gegenüber gefährdeten Afghan*innen unverzüglich gerecht werden.

Seit dem Start des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan vor knapp zwei Jahren hat Deutschland nur 540 Afghan*innen über das Programm aufgenommen, obwohl angekündigt worden war, bis zu 1.000 Menschen monatlich aufzunehmen.

Die demokratischen Werte können nur aufrechterhalten werden, wenn wir aktiv das Recht auf ein sicheres, würdevolles Leben für alle Menschen verteidigen.

Aus diesem Grund wurde die Durchführung des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan auch im Koalitionsvertrag festgehalten. Wir fordern, dass diese Versprechung und Verpflichtung wie angekündigt umgesetzt wird – und zwar wesentlich konsequenter als bisher.

Hier geht es zu unserem vorherigen Statement zur geplanten Haushaltskürzung für Bundesaufnahmeprogramme – in dem wir mit weiteren NGOs fordern: Das BAP Afghanistan muss weitergeführt werden wie geplant und im Koalitionsvertrag festgehalten. 

Hintergrund: Um von den Taliban verfolgte Afghan*innen zu retten, hat die Bundesregierung vor knapp zwei Jahren das BAP Afghanistan gestartet. Nun will Bundesinnenministerin Faeser die Finanzierung von humanitären Aufnahmeprogrammen um fast 90 Prozent streichen – aber den Etat des BMI für 2025 insgesamt um 400 Millionen Euro erhöhen.

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Kontakt
Wenden Sie sich gern an uns, wenn Sie Rückfragen oder Interesse an einem Interview mit unseren Referent*innen haben.

Marie-Claire Wygand
Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
0162 54 24 624
presse@baff-zentren.org

Diese Pressemitteilung können Sie hier als pdf herunterladen.



Transparenzhinweis: Aufgrund einer weiteren unterzeichnenden Organisation haben wir das Statement-pdf ergänzt neu verlinkt und die Anzahl der Mitunterzeichnenden von 54 auf 55 korrigiert (Stand: 19.08.2024).