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Gesundheit in Gefahr: Die Konsequenzen des „Geordnete-Rückkehr-Gesetzes“ für psychisch erkrankte Geflüchtete

Pressemitteilung, 16.04.2019

Das Bundesinnenministerium (BMI) hat den Entwurf des sogenannten „Geordnete-Rückkehr-Gesetzes“ erneut überarbeitet. Der überarbeitete Entwurf soll am morgigen Mittwoch, den 17. April 2019, im Bundeskabinett verabschiedet werden. Auf die erheblichen fachlichen Bedenken, die Gesundheitsexpert*innen wie die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) und auch die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF) zu den Änderungen im Bereich der Abschiebeverbote aus gesundheitlichen Gründen geäußert hatten, erfolgte keine Reaktion. Bereits im Februar hatte die BAfF gemeinsam mit der BPtK nachdrücklich darauf verwiesen, dass es mit der Gesetzesänderung für Geflüchtete künftig noch schwieriger werde, die massiven psychischen Auswirkungen schwerer Gewalt im Asylverfahren geltend zu machen.

Zusätzlich sollen mit dem neuesten Entwurf nun auch die Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) – und damit auch der ohnehin eingeschränkte Zugang zur Gesundheitsversorgung weiter erschwert werden. Nachdem das Bundesverfassungsgericht 2012 entschieden hatte, dass die längerfristige Ungleichbehandlung von Asylsuchenden im Vergleich zu Sozialhilfeempfänger*innen nicht gerechtfertigt ist, wurde das AsylbLG 2015 novelliert: Seitdem haben Asylsuchende zumindest ab dem 15. Monat ihres Aufenthalts in Deutschland einen Anspruch auf Leistungen analog zu denen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Doch die Zeit, in der Asylsuchende nur einen eingeschränkten Versorgungsanspruch haben, soll nun wieder verlängert werden – nach dem aktuellen Gesetzentwurf auf 18 Monate. Darüber hinaus ist geplant, bestimmte Gruppen von Geflüchteten vollständig von den Leistungen des AsylbLG auszuschließen, ihnen also jede Form der Existenzsicherung zu entziehen.

Es ist davon auszugehen, dass die zahlreichen Gesetzesvorhaben, die im Moment diskutiert werden, auch für die psychische Gesundheit der Betroffenen deutliche Konsequenzen haben werden. Unsichere, prekäre Lebensverhältnisse und der Ausschluss aus zentralen gesellschaftlichen Funktionsbereichen wie Arbeit, Bildung und dem Gesundheitssystem sind Risikofaktoren, die vor allem bei bereits psychisch belasteten Personen zu einer massiven Verschlechterung des Gesundheitszustands führen können. Auch für die Versorgungssituation und die Möglichkeiten, das Gesundheitssystem auch für Geflüchtete zu öffnen, sind große Rückschritte zu erwarten. „Es ist schon heute sehr schwierig, Psychotherapeut*innen zu finden, die Menschen in aufenthaltsrechtlicher Unsicherheit und instabilen Lebensbedingungen behandeln und die hürdenreiche Beantragung einer Therapie über das AsylbLG auf sich nehmen“ bewertet Elise Bittenbinder, Vorsitzende der BAfF, den neuen Gesetzesentwurf.

Die BAfF empfiehlt vor diesem Hintergrund nachdrücklich, von den geplanten Änderungen abzusehen: „Eine migrationspolitische Relativierung der Menschenwürde zum Zwecke der Anreizminimierung wird nur um den Preis massiver gesundheitlicher Folgeschäden zu haben sein. Grundbedürfnisse und die Gesundheit dürfen nicht dafür instrumentalisiert werden, schutzbedürftige Menschen aus Deutschland fernzuhalten oder zur Ausreise zu bewegen.“    

Zur aktualisierten Stellungnahme der BAfF vom 11.4.2019: PDF

Zur gemeinsamen Stellungnahme der BPtK und der BAfF vom 1.3.2019 (Schwerpunkt: Ausschluss psychotherapeutischer Expertise aus der Beurteilung gesundheitlicher Abschiebehindernisse): PDF

Kontakt: Elise Bittenbinder, BAfF e.V. | 0160 94869893 | info@baff-zentren.org | www.www.baff-zentren.org