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„Die Insel wird zu einem Gefängnis“ – Ein Bericht von Samos

Anfang des Jahres war unsere Rechtsreferentin Nina Hager ehrenamtlich mit der Organisation Refugee Law Clinic Berlin e.V. im Rahmen eines Pilotprojektes auf der griechischen Insel Samos. Sie berichtet hier für uns über die Bedingungen für Geflüchtete auf Samos:

„Im Zuge des sogenannten EU-Türkei-Deals im März 2016 wurde auf Samos eins der fünf „Hot Spots“ in Griechenland geöffnet. Erklärtes Ziel dieser – nennen wir sie mal Lager – ist es, die Verfahrensschritte wie die Registrierung, Identifizierung und das Interview soweit wie möglich unter einem Dach zusammen zu fassen. Geprüft wird durch EASO (Europäisches Unterstützungsbüro für Asylfragen) in den Hot Spots, ob Asylsuchende in die Türkei zurückkehren – und gegebenenfalls abgeschoben werden können.

Was wir vor Ort beobachteten, war, dass das Lager viel zu klein für die Vielzahl der Menschen ist. Als wir auf Samos waren, befanden sich ca. 2000 Personen in dem Lager, im Sommer sollen es sogar bis zu 4.000 Leute sein. Sie schlafen in Zelten oder viel zu kleinen Containern. Eltern berichten davon, dass ihre Kinder von Ratten und Skorpionen gebissen und gestochen worden sind. Besorgniserregend ist zudem die Situation der besonders Schutzbedürftigen. Es stehen viel zu wenig Psychotherapeut*innen zur Verfügung. Die Unterbringungen in den schlecht isolierten Zelten und die sanitäre Situation führt nicht zu einer Verbesserung ihrer gesundheitlichen Situation. Ursprünglich geplant war, dass die Verfahren in kurzer Zeit durchgeführt werden könnten – nach der Ablehnung durch EASO als unzulässig und dem sich anschließenden gerichtlichen Verfahren könnten die Menschen dann in die Türkei zurückgebracht werden. In der Realität dauern diese Verfahren in einigen Fällen über zwei Jahre. Trotz der grundsätzlichen Möglichkeit, sich frei zu bewegen, wird die Insel zu einem Gefängnis.

Neben der schockierenden humanitären Situation, mangelt es den Menschen an verlässlichen rechtlichen Informationen vor dem Asylverfahren. Asylanhörungsvorbereitung und Unterstützung bei dem Familiennachzug nach Deutschland wird auf der Insel nur durch einen Mitarbeiter des Griechischen Flüchtlingsrats angeboten – bei über 2.000 Asylsuchenden und täglich Neuankommenden eine nicht zu bewältigende Aufgabe. Die Refugee Law Clinic Berlin, AG Samos, konnte innerhalb von sechs Wochen mit der Unterstützung von insgesamt 18 erfahrenen Beraterinnen und Beratern den Ablauf des Asylverfahrens und die Relevanz des EU-Türkei-Deals in Workshops erklären sowie zahlreiche Asylsuchende individuell auf ihre Anhörungen vorbereiten.“

 

Mit Unterstützung von privaten Spenderinnen und Spendern konnte das Projekt bis Ende 2018 verlängert werden.

Für Rückfragen zu diesem Projekt wenden Sie sich an nina.hager@baff-zentren.org.

Weitere Informationen auch auf der Seite der Refugee Law Clinic Berlin