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FAQ

Was ist ein Trauma/eine Traumatisierung?

Von einem Trauma sprechen wir, wenn Menschen Erfahrungen machen mussten, die ihr eigenes Leben ernsthaft bedrohten, oder sie zu Zeug*innen für den Tod anderer werden ließen. Solche Erlebnisse haben viele tiefgreifende Auswirkungen auf die Betroffenen und überfordern die Kapazität der Psyche, adäquat auf sie zu reagieren.

Der Begriff Trauma wird nicht einheitlich verwendet und kann sowohl das traumatische Ereignis als auch die Folgesymptomatik bezeichnen.

Die Schwere eines Traumas kann durch die Unterscheidung in Trauma Typ I und Trauma Typ II differenziert werden. Typ I Traumata umfassen einmalig und zeitliche begrenzte Ereignisse wie zum Beispiel Unfälle oder Naturkatastrophen. Typ II Traumata, sogenannte „man-made-disasters“, umfassen komplexe und sich wiederholende traumatische Erfahrungen, die durch Menschen herbeigeführt werden wie zum Beispiel Folter. Die Typ II Traumata werden psychisch immer als besonders schwerwiegend erlebt, da sie an den Grundfesten der menschlichen Existenz rütteln. Diese traumatischen Ereignisse bedeuten oftmals eine grundlegende Erschütterung des Vertrauens in die Welt, in andere Menschen und sich selbst. Gefühle der Unsicherheit, der permanenten Bedrohung, Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins treten auf.

Das Ausmaß der Traumatisierung ist nicht nur von der Art, der Schwere und der Häufigkeit der traumatischen Erfahrung abhängig, sondern auch von der Zeit danach, in der eigentlich die Verarbeitung der traumatischen Erlebnisse beginnen könnte (siehe „Sequentielle Traumatisierung“ nach Keilson).

Es gibt eine grundsätzliche Kritik an der klinischen Perspektive auf Trauma und der Fokussierung auf „Störungen“, da die (gesellschaftlichen) Ursprünge von Gewalt und psychischer Belastung in diesem Kontext selten in den Blick genommen werden (Brenssell & Weber, 2014). Desweiteren gibt es eine lange Debatte um die kulturelle Übertragbarkeit von Diagnosen, da die diagnostischen Kriterien bislang vor allem von einer vergleichsweise kleinen, homogenen Gruppe festgelegt und an einer ebenso homogenen Gruppe getestet werden (siehe zum Beispiel Kirmayer & Gómez-Carrillo, 2019; Sue, 2001). Mehr zu dieser Kritik ist zu finden unter:  Kritik an der Pathologisierung durch die Diagnose PTSD

 

Weitere Informationen finden Sie unter:

BAfF (2022). Traumasensibler und empowernder Umgang mit Geflüchteten. Ein Praxisleitfaden.

Flory, L., Teigler, L., Behrends, M., & Atasayi, S. (2020). Trauma, Empowerment und Solidarität. Wie können wir zu einem verantwortungsvollen und ermächtigenden Umgang mit Trauma beitragen?

Baron, J., & Flory, L. (2016). Versorgungsbericht—Zur psychosozialen Versorgung von Flüchtlingen und Folteropfern. 3.aktualisierte Auflage.

Brenssell, A., & Weber, K. (Hrsg.). (2014). Störungen: Texte kritische psychologie 04. Argument Verlag.

Keilson (2005): Sequentielle Traumatisierung bei Kindern.

Kirmayer, L. J., & Gómez-Carrillo, A. (2019). Culturally responsive clinical psychology and psychiatry: An ecosocial approach. In Cultural clinical psychology and PTSD (S. 3–21). Hogrefe Publishing.

Sue, D. W. (2001). Multidimensional facets of cultural competence. The Counseling Psychologist, 29(6), 790–821.