Die Menschenrechtslage in der Türkei verschlechtert sich zunehmend. Die Zahl der Inhaftierten steigt rasant; im weltweiten Vergleich liegt die Türkei auf Platz sechs der Länder mit den meisten Gefangenen. Politische Gewalt, Inhaftierung und Repression treffen hierbei in besonderem Maße kurdische zivilgesellschaftliche Organisationen, Aktivist*innen und Politiker*innen. Doch Gewalt und Entmenschlichung enden nicht an nationalen Grenzen. Auch in Deutschland finden viele kurdische Menschen keine Sicherheit. Die zunehmende Abschottungspolitik der EU auf Kosten rechtsstaatlicher Prinzipien und des Asylrechts lässt ohnehin niedrige Schutzquoten weiter sinken. Das Unsichtbarmachen kurdischer Perspektiven setzt sich auch in der Diaspora weiter fort: durch ausgrenzende Migrationspolitiken, mangelnde institutionelle und gesellschaftliche Anerkennung sowie ein Schweigen über erlebte Gewalt.
Das öffentliche Benennen und Erinnern von Gewalt- und Widerstandserfahrungen wird in diesem Kontext zur politischen Praxis: Es schafft Sichtbarkeit, fordert Gerechtigkeit ein und widersetzt sich aktiv dem Vergessen.
Vor diesem Hintergrund widmet sich der diesjährige Fachtag der politischen Praxis der Zeug*innenschaft (zum Programm). In der kritischen Traumaforschung wird sie nicht bloß als Wiedererzählung des Geschehenen verstanden, sondern als Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft, die durch widerständiges Erinnern, Teilen und Sichtbarmachen von Repression, Folter und kollektiven Traumata geschaffen wird.
Der Fachtag bringt kurdische Stimmen aus der Region und der Diaspora zusammen, die sich auf unterschiedliche Weise mit dieser Praxis befassen: medizinisch, therapeutisch, feministisch und juristisch. In Vorträgen, Workshops und Gesprächen wollen wir gemeinsam überlegen, welche Bedeutung Zeug*innenschaft in der psychosozialen Arbeit, im Exil und im internationalen Menschenrechtsdiskurs spielt – und wie wir diese Praxis auch hier in Deutschland stärken können. Die Referierenden, viele von ihnen extra aus Van (Wan) und Diyarbakır (Amed) angereist, geben Einblicke in ihre Arbeit mit Folterüberlebenden, in juristische Kämpfe um Anerkennung und in die erinnerungspolitische Arbeit der kurdischen Frauenbewegung.
Zum Programm: Download (PDF)
Die Veranstaltung auf einen Blick:
- Datum: Freitag, 12. September 2025, 10:00-19:00 Uhr
- Programm: Download (PDF)
- Ort: Spore Initiative, Hermannstrasse 86, 12051 Berlin
- Sprache: Die Veranstaltung wird simultan auf Türkisch/Deutsch übersetzt.
- Anmeldung: Die Veranstaltung ist frei zugänglich. Eine vorherige Anmeldung ist nicht erforderlich.

