Die aktuellen Debatten um asylrechtliche Verschärfungen widersprechen dem demokratischen Selbstverständnis und versuchen zu spalten. Anlässlich des heutigen Migrationstreffens zwischen Bundesregierung, Ländern und Union sowie des von der Bundesregierung vorgeschlagenen „Sicherheitspakets“ haben wir gemeinsam mit 26 weiteren Organisationen einen Appell an die Bundesregierung gerichtet – und kurz darauf eine Petition gestartet.
Die Bundesregierung nutzt die aktuelle migrationspolitische Diskursverlagerung, um Abschiebungen noch stärker zu forcieren und die Rechte der Menschen zu beschneiden, die als Asylsuchende in Deutschland bleiben dürfen. Und das in einer Zeit, die von Kriegen, Krisen und Katastrophen geprägt ist, in der Menschen vielleicht mehr Anlass zur Flucht haben als je zuvor. Es wird mit Angst und Verunsicherung gearbeitet, populistische Parolen immer offener geäußert. Abschiebungen von Menschen zurück in Kriegsgebiete werden nun als möglich betrachtet. Harsches Vorgehen und Gewalt an den Grenzen – selbst gegen Kinder und andere besonders schutzbedürftige Menschen – wird normalisiert, von vielen inzwischen gar eingefordert.
Umsetzung von Menschenrechten ist nicht verhandelbar
Das alles bedeutet, dass Menschenrechte infrage gestellt werden und für Geflüchtete nicht mehr im vollen Maße gelten sollen. Denn Vorschläge wie die Zurückweisung von Schutzsuchenden an deutschen Grenzen verstoßen gegen EU-Recht und gegen die menschenrechtlichen Grundprinzipien. Auch bei Zurückweisung in sogenannte „Sichere Drittstaaten“ drohen Asylsuchenden vielerorts in der EU willkürliche Inhaftierung, ein Leben auf der Straße und unter menschenunwürdigen Umständen.
Und noch viel mehr: Neben all diesen rechtlich bindenden Verpflichtungen steht die Menschlichkeit auf dem Prüfstand, wird es doch immer einfacher, sich offen gegen die Aufnahme und Versorgung von geflüchteten Menschen zu bekennen. Ungleich schwieriger wird es im Angesicht der neuen Salonfähigkeit von Rassismus und Abschiebeforderungen, sich solidarisch mit Überlebenden von Krieg, Folter und Flucht zu bekennen und aktiv dafür einzusetzen, dass diesen die gleichen Rechte zuerkannt werden wie Menschen, die in Deutschland geboren wurden.
Wir fordern die Bundesregierung auf, sich zu erinnern, dass trotz des stärker werdenden Drucks von rechts die einzige EU- und menschenrechtskonforme Option bleibt, das Grundrecht auf Asyl umzusetzen und Geflüchteten die Chance auf ein Leben in Sicherheit nicht zu verwehren.
Schutzsuchende Menschen werden im aktuellen populistisch geprägten Diskurs unter Kollektivverdacht gestellt, indem zentrale Säulen unserer offenen Gesellschaft, wie das Grundrecht auf Asyl, in Frage gestellt und angegriffen werden. Menschen, die vor Folter, Krieg und Verfolgung in Deutschland Schutz suchen, berichten von massiver Angst. Auch die Engagierten in den Psychosozialen Zentren erleben Anfeindungen.
Statt rassistischen und nationalistischen Forderungen nachzugeben, müssen demokratische Parteien entschlossen Systeme schaffen, die auf den Werten unserer offenen Gesellschaft und unseres Rechtsstaates basieren. Diese sind aus der historischen Verantwortung nach 1945 erwachsen. Auch die Stärkung des Sozialstaates gehört dazu, die beinhaltet, dass die geplanten finanziellen Kürzungen um fast 50 Prozent für die Psychosozialen Zentren für Geflüchtete zurückgenommen werden müssen.
Lukas Welz, BAfF-Geschäftsleitung
Hier geht es zum gemeinsamen Appell von uns und 26 weiteren Organisationen (Stand: 09.09.2024).
Hier geht es zur dazugehörigen Petition bei WeAct!/Campact.