Die Sozialkürzungen der Bundesregierung machen auch vor den Psychosozialen Zentren zur Unterstützung traumatisierter Geflüchteter nicht halt – mit fatalen Konsequenzen. Für einen Teil dieser Hilfsstruktur könnten die geplanten Mittelkürzungen das Ende bedeuten.
Die Bundesregierung plant, die Finanzierung der psychosozialen Unterstützung für traumatisierte Geflüchtete 2025 drastisch zu kürzen – um fast 50 Prozent. Damit verhindert sie eine flächendeckende psychosoziale Versorgung, es drohen der Abbau von etablierten Versorgungsstrukturen, Insolvenzen von Einrichtungen und traumatisierte Geflüchtete verlieren ihren oft einzigen Zugang zu überlebensnotwendiger psychosozialer und therapeutischer Hilfe.
Durch diese Kürzungen und die Anfang des Jahres beschlossene Verlängerung der Leistungseinschränkungen im Gesundheitssystem für Geflüchtete nimmt die Bundesregierung eine Zunahme von unversorgten Krisensituationen, Chronifizierung von Erkrankungen, dauerhafte Beeinträchtigungen und zusätzliche Belastungen des Gesundheitssystems in Kauf.
Lukas Welz, BAfF-Geschäftsleitung
Kürzungen in Krisenzeiten
Die Entscheidung der Bundesregierung fällt in eine Zeit der größten Krisen. Überlebende von Folter, Kinder, die Gewalt und Bombenangriffe miterlebt haben und Menschenrechtsaktivist*innen, die vor Verfolgung fliehen mussten, werden kaum noch Unterstützung finden. Schon jetzt erhalten lediglich 3,1 Prozent der potenziell bedürftigen Geflüchteten psychosoziale Versorgung, Deutschland kommt damit seinen Verpflichtungen nach internationalem Recht, EU-Recht und Grundgesetz nicht nach.
Dabei können Teilhabe und Integration nur dann gelingen, wenn Menschen Zugang zu bedarfsgerechter psychosozialer Versorgung haben. Die Arbeit der Psychosozialen Zentren ist essenziell für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, wird jedoch nur sehr prekär finanziert. Lediglich 6,3 Prozent der Finanzierung erfolgen über gesetzliche Leistungsträger, der Rest hauptsächlich über zeitlich begrenzte und eingeschränkte öffentliche Fördermittel, darunter essenziell die Bundesmittel.
Was bedeutet das für die Psychosozialen Zentren?
Die Psychosozialen Zentren (PSZ), die in Deutschland eine zentrale Rolle bei der Unterstützung traumatisierter Geflüchteter spielen, stehen vor einem Kollaps. Die drohenden Kürzungen würden das Problem weiter verschärfen, da Fachkräfte entlassen und Aufnahmestopps für Anbindung an dieses Hilfesystem verhängt werden müssten. Dies hätte nicht nur verheerende Folgen für die Betroffenen, sondern würde auch die Kosten für das Gesundheitssystem und andere gesellschaftliche Bereiche in die Höhe treiben, wie im März schon eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zeigte.
Unsere Forderungen an die Bundesregierung: Koalitionsvertrag einhalten
Wir als Bundesverband der PSZ in Deutschland warnen daher eindringlich vor den Konsequenzen dieser Kürzungen und appellieren an die Bundesregierung, die finanzielle Unterstützung der Psychosozialen Zentren wie im Koalitionsvertrag vereinbart sicherzustellen. Auch zusammen mit den Wohlfahrtsverbänden tritt die BAfF für die Rücknahme der Kürzungen in diesem Bereich ein.
Die Haushaltsverhandlungen werden im November mit der Verabschiedung des Haushaltsgesetzes 2025 abgeschlossen.
Kontakt
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Marie-Claire Wygand (sie/ihr)
Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
presse@baff-zentren.org
Über die BAfF
Die BAfF e. V. ist der Bundesverband für Psychosoziale Zentren, die Überlebenden von Krieg, Folter und Flucht in Deutschland helfen. Seit über 25 Jahren setzen wir uns für eine flächendeckende und niederschwellige Versorgung von geflüchteten Menschen ein. Diese benötigen nach oft schwer traumatisierenden Erfahrungen schnelle psychosoziale Begleitung. Die BAfF vertritt die Interessen von Überlebenden schwerer Menschenrechtsverletzungen gegenüber der Politik und der (Fach-)Öffentlichkeit, vernetzt Akteur*innen der psychosozialen Arbeit und bringt sich durch Projekte, Veranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit in den fachlichen und politischen Diskurs ein.