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Zum Weltflüchtlingstag: Das Menschenrecht auf Gesundheit gilt auch in Krisenzeiten

Geflüchtete dürfen nicht im Rahmen der Corona-Pandemie weiter in ihren Rechten eingeschränkt werden. Zum Weltflüchtlingstag am 20. Juni 2020 fordert die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF e.V.) eine uneingeschränkte gesundheitliche und psychosoziale Versorgung von Geflüchteten sicherzustellen und diese auch in Zeiten der Corona-Pandemie umzusetzen. Das Menschenrecht auf Gesundheit gilt auch in Krisenzeiten.

„Die Pandemie trifft uns alle, doch nicht alle gleich. Für traumatisierte Geflüchtete verstärken sich in diesen Zeiten Stress, Ängste und Ungewissheiten. Gerade die strengen Auflagen und eine zunehmende gesellschaftliche Stigmatisierung bei Coronafällen in Wohnheimen sowie Quarantäne-Maßnahmen führen zu einer erheblichen psychischen Belastung“,

kritisiert Elise Bittenbinder, Vorsitzende der BAfF e.V.

Bild von Korry Benneth auf Pixabay

Wir sehen aus der Praxis der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (PSZ), dass die gesundheitliche und psychotherapeutische Versorgung von schutzsuchenden Menschen weiter eingeschränkt werden. Die Bewegungsfreiheit der oftmals in Massenunterkünften lebenden Menschen wird durch „kollektive Quarantäne“ von ganzen Einrichtungen maximal reduziert, die ohnehin geringe Privatsphäre dadurch noch stärker eingeschränkt. Hygiene- und Abstandsregeln können durch die Massenunterbringung nicht gewährleistet werden. „Stay home stay safe“, das sich als Motto in der Corona-Krise herausgebildet hat, erlangt hierdurch einen bitteren Beigeschmack.

„Viele Klient*innen sind durch die Situation sehr eingeschüchtert und verängstigt. In vielen Unterkünften kursierte das Gerücht, dass Geflüchtete bestraft werden, wenn sie die Unterkunft verlassen. Viele sind daher gar nicht mehr auf die Straße gegangen, nicht aus Angst vor dem Virus, sondern aus Angst vor Bestrafung und negativen Folgen für ihr Asylverfahren“,

berichtet Elise Bittenbinder über die Erfahrungen von Klient*innen aus den PSZ.

„Gerade für traumatisierte Menschen kann dieser zusätzliche Rückzug, der Verlust von Kontakt- und Bezugspersonen sowie auch der fehlende Zugang zu Psychotherapie und Beratung destabilisierend wirken.“


Die BAfF fordert, dass die psychotherapeutische Versorgung und psychosoziale Beratung auch in schwierigen Zeiten für geflüchtete Menschen sichergestellt wird. Die Maßnahmen rund um die Corona-Pandemie dürfen nicht dazu führen, dass die Barrieren in die Gesundheitsversorgung für Geflüchtete unüberwindbar werden. Die gesundheitliche Versorgung ist unabhängig vom Aufenthaltsstatus und einschließlich der erforderlichen Sprachmittlung unbürokratisch sicherzustellen.

Auswirkungen des Lebens in Sammelunterkünften auf Kinder und Jugendliche

Anlässlich des Weltflüchtlingstages möchten wir besonders auf die Situation von geflüchteten Kindern und Jugendlichen in Sammelunterkünften aufmerksam machen. Die Zustände in den Aufnahmeeinrichtungen treffen geflüchtete Kinder und Jugendliche sowie ihre Familien besonders hart. Unter den Bedingungen von Corona und entsprechenden Maßnahmen nehmen die Einschnitte in verbuchte Kinderrechte und Kindeswohlgefährdungen weiter zu. Keine sicheren Räume und mangelnde Privatsphäre, ein eingeschränkter Zugang zu Gesundheitsleistungen und unzureichende Bildungs- und Freizeitangebote gefährden Kinder und Jugendliche massiv. Die Politik und zuständige Behörden sind aufgefordert, die Rechte dieser Kinder endlich umzusetzen.

Die BAfF fordert eine schnellstmögliche dezentrale Unterbringung von geflüchteten Familien mit ihren Kindern. Es braucht zudem kindgerechte Rückzugsräume, sichere Schutzräume mit Internetzugang für Beratung, Zugang zu Bildungs- und Freizeitangeboten und die Möglichkeit, auch außerhalb der Unterkünfte Freundschaften zu knüpfen oder Hilfe zu suchen.

Die Recherche „Living in a box. Psychosoziale Folgen des Lebens in Sammelunterkünften für geflüchtete Kinder“ ist ab heute in gedruckter Form bestellbar: https://www.baff-zentren.org/produkt/living-in-a-box/