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Deutschland verhindert die Dokumentation und die Behandlung von Folteropfern

Foto von Foundry (CC0 / pixabay.de)

Zum Internationalen Tag zur Unterstützung der Folteropfer am 26. Juni 2019 fordert die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer – BAfF e.V. – die deutsche Bundesregierung auf, ihre Pflichten aus der UN-Antifolterkonvention ernst zu nehmen und die internationalen Standards zur Untersuchung und Dokumentation von Folter einzuhalten. Überlebende von Folter müssen die Möglichkeit und den uneingeschränkten Zugang zu einer kompetenten Feststellung und Dokumentation der medizinischen und psychologischen Folgen der erlittenen Folter bekommen, wie dies im Istanbul-Protokoll dargelegt ist. Für eine fachlich qualifizierte Diagnostik und die erforderlichen psychotherapeutischen und psychosozialen Hilfen ist eine nachhaltige Sicherung der Arbeit der psychosozialen Zentren unerlässlich.

Im April konnten die Vertreter*innen von Deutschland nicht auf die Frage des Rapporteures in der Versammlung des Komitees der UN-Antifolterkonvention, Claude Heller Rouassant, antworten, welche praktischen Schritte Deutschland zu gehen gedenke, um das Istanbul-Protokoll in realer Art und Weise anzuwenden sowie die medizinische und psychologische Dokumentation und Behandlung von Folterfolgen zu garantieren. Gerade, wenn die Möglichkeiten für diese Dokumentation und Behandlung zunehmend durch Gesetze beschnitten werden, wird es für Überlebende von Folter immer schwerer, die Hilfen zu bekommen, die sie benötigen und die ihnen nach der UN-Antifolterkonvention zustehen.

Geflüchtete, die Menschenrechtsverletzungen wie Folter oder andere Formen schwerer physischer, psychischer oder sexueller Gewalt überlebt haben, wurden in besonderen Maße in ihrem Recht auf Gesundheit verletzt – für den Schutz und die Rehabilitation dieser Personengruppen gelten daher auch besondere Verpflichtungen. Die UN-Antifolterkonvention (Convention against Torture, CAT) ist im Völkerrecht verankert und geht spezifisch auf die Leistungspflicht des Staates gegenüber Opfern von Folter ein. Dort wird auch gefordert, dass die Regierungen spezialisierte Leistungen für die medizinische, psychologische, rechtliche und soziale Rehabilitation bereitstellen muss.

Wir fordern daher, dass die Bundesregierung dafür Sorge trägt, dass Psycholog*innen, Psychotherapeut*innen, Ärzt*innen und Sozialarbeiter*innen uneingeschränkt ihrer Fürsorgepflicht nachgehen können und Überlebende von Folter mithilfe ihrer Qualifikation und fachlichen Expertise unterstützen können.

Wir fordern, die Rechte von Schutzsuchenden und Überlebenden von Folter nicht weiter auszuhöhlen – wie zuletzt etwa auch mit dem Beschluss des Geordnete-Rückkehr-Gesetzes. Deutschland muss die Verpflichtungen aus der UN-Antifolterkonvention einhalten und Überlebenden von Folter eine adäquate Hilfe und Unterstützung bieten.

Wir fordern, dass Asylsuchende und Geflüchtete, die Folter, Gewalt und Menschenrechtsverletzungen erfahren haben, psychosoziale Beratung und Behandlung in darauf spezialisierten Einrichtungen, wie den Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer erhalten.

Und wir fordern, dass der Staat dafür einsteht, diese Zentren nachhaltig und langfristig zu finanzieren.

 

 

Zum Hintergrund:

Das Istanbul-Protokoll ist das von den Vereinten Nationen anerkannte Manual zur effektiven Untersuchung und Dokumentation von Folter oder anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung. Ein Instrument, um Folterüberlebende medizinisch, psychotherapeutisch und juristisch zu unterstützen, welches die Angehörigen der Gesundheitsberufe ethisch verpflichtet. Das Istanbul Protokoll verweist eindeutig auf die Wichtigkeit von psychologischen Nachweisen, da die seelischen Folgen von Folter häufig viel nachhaltiger und schwerer zu verifizieren sind. In Deutschland leisten Psycholog*innen, Psychotherapeut*innen, Ärzt*innen und Sozialarbeiter*innen einen entscheidenden Beitrag bei der Diagnostik, Dokumentation und Identifikation von psychischen oder seelischen Leiden nach zurückliegender Folter im Asylverfahren und kommen so ihrer professionellen Fürsorgepflicht nach.